Ein Artikel von der Stuttgarter Zeitung
Im Berufsleben treiben sie einen zur Weißglut: Kollegen mit aufgeblähtem Selbstbewusstsein, die einen immer wie auflaufen lassen.
Zwei Experten erklären, wo Arroganz ihren Ursprung hat - und warum man sich von diesen Zeitgenossen vielleicht auch etwas abschauen kann.
Wer kennt blasierte Leute nicht?
„Arroganz ist eine Charaktereigenschaft, in deren Anwesenheit der Arrogante wächst, während die anderen kleiner werden. Man begegnet sich nicht auf Augenhöhe“, sagt Baha Meier-Arian. Sie ist Autorin des Buches „Charaktere des Alltags“ mit Praxis für Gesprächstherapie und Charakter-Coaching in Ulm.
Sie unterteilt arrogante Menschen in zwei Kategorien: Die einen nutzen die Arroganz als Selbstschutz, sind vielleicht schüchtern, zumindest aber unsicher und schlüpfen in eine Rolle, die nach außen hin blasiert wirkt. Die anderen sind von Haus aus überheblich. Die Wurzel der Arroganz entstehe häufig im Elternhaus, sagt Meier-Arian: „Genügt ein Kind nicht und bekommt von den Eltern suggeriert, etwas Besonderes sein zu müssen, wird es immer versuchen, dieses Bild aufzubauen.“
Wer dagegen groß wird ohne Standesdünkel, Selbstdarstellung und ohne sich beweisen zu müssen, der tut sich oftmals schwer mit der Arroganz der anderen, so Meier-Arian: Arrogante Menschen hätten die Gabe zu hypnotisieren. „Wenn ich mich von dieser Art der Manipulation zu sehr beeinflussen lasse, verlasse ich mein Feld, meine Person und habe schon verloren.
Sobald ich also merke, diese Person tut mir nicht gut, muss ich wieder einen Schritt zurückgehen und bei mir bleiben.“ Das Zauberwort für Gegenwehr sei Selbstvertrauen: wissen, wer man ist, wofür man steht, was man kann. Auch im Job sei es wichtig, sich treu zu bleiben. „Ein arroganter Chef wird sich nicht ändern, sonst wäre er ja nicht der Chef. Man muss sich also klar werden: Akzeptiere ich ihn so, wie er ist, weil ich meine Arbeit mag, oder suche ich mir etwas anderes?“, rät Coach Meier-Arian.
Empfinde man jemanden als blasiert und arrogant, sage das stets auch etwas über einen selbst aus: Je unsicherer ich bin, umso weniger kann ich mich mit dem Selbstbewusstsein der Selbstgefälligen identifizieren. Diese werden ein unsicheres Gegenüber kaum ernst nehmen. Arroganz sei immer eine Frage der Perspektive: Handelt es sich um ein Kommunikationsproblem?
„Ja“, sagt Peter Modler, Unternehmensberater und Autor des Buches „Das Arroganz-Prinzip“. Modler arbeitet mit Forschungsergebnissen aus der US-Soziolinguistik. Demnach gibt es horizontale und vertikale Sprachsysteme: „Horizontale Menschen sind extrem an Zeichen der Zugehörigkeit interessiert. Eine gute Stimmung am Arbeitsplatz ist wichtig. Das vertikale System dagegen ist zuerst interessiert an Rangund Revierfragen. Wenn die geklärt sind, dann kann es inhaltlich werden.“
Da sitzen beispielsweise bei einem Online-Meeting „Bärbel“, „Mohammed“, „Klaus“ und „Lady G.“ zusammen, alle mit Namensschildchen. Plötzlich ploppt „Geschäftsführer Müller“ auf dem Bildschirm auf. Sofort ist klar, dass Geschäftsführer Müller definitiv aus dem vertikalen System kommt, sagt Modler. „Der wird einen Teufel tun und seinen Vornamen sagen, denn sein Rang ist ihm wichtig. Die anderen legen offensichtlich keinen Wert auf Rang, also sinkt für ihn sofort ihr politisches Gewicht.“
Bärbel, Klaus & Co. dagegen fühlen sich als Team und empfinden Müller als arrogant. Dabei will der eigentlich nur verdeutlichen, wer hier was zu melden hat. Nun braucht es eine gemeinsame Sprache. Denn selbst wenn es einen Löwen nicht interessiert, was die Schafe von ihm denken, so ist ein Geschäftsführer auf seine Mitarbeiter angewiesen. „Eine Monokultur ist grundsätzlich nicht erfolgreich. Führungskräfte, die erfolgreich sein wollen, müssen lernen, sich in beiden Systemen auszudrücken, sich auch auf das Kommunikationssystem einzustellen, das ihrem eigenen Extrem fremd vorkommt“, sagt Modler.
Ein sich als horizontal gebender Facebook-Chef wie Mark Zuckerberg wird also vermutlich trotz Hoodie und Sneakers ab und zu demonstrieren, wer hier die lässigen Hosen anhat. Ein vertikaler Chef im Maßanzug, mit strengem Blick und noch strengerem Hierarchiedenken muss dennoch ein paar horizontale Vokabeln einstreuen.
Im Berufsleben könne man sich einiges abschauen vom Arroganten, empfiehlt Modler: „Wichtig ist, das Tempo rauszunehmen. Wenn dem Vertikalen etwas besonders wichtig ist, dann wird es langsam gemacht. Also: Sprechen Sie langsam und mit Pausen, bewegen Sie sich ruhig!“ Wer hektisch werde, sei unterlegen. Und auch Baha Meier-Arian findet, ein gesundes Maß an Anmaßung könne durchaus helfen, im Leben voranzukommen
So kann man sich schützen
Ignorieren Finden wir eine Person arrogant, ist das zuallererst unser persönlicher Eindruck. Wie wir damit umgehen, ist unsere Entscheidung. Ignorieren ist eine Möglichkeit, den Arroganten auflaufen zu lassen. Desinteresse trifft am meisten.
Meiden Ansprechen des arroganten Verhaltens ist eine andere Möglichkeit. Sucht man das Gespräch, kommt man aus der Opferrolle heraus. Wenn gar nichts hilft: Umgang vermeiden. Dieser Punkt ist allerdings schwer im beruflichen Umfeld umzusetzen. Gelassen bleiben! Atmen! Lächeln! may
„Arroganz ist eine Charaktereigenschaft, in deren Anwesenheit der Arrogante wächst, während die anderen kleiner werden.“
- Baha Meier-Arian, Charakter-Coach
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